März: Aschenputtel
Einem reichen Mann wurde seine Frau krank, und als sie fühlte, dass ihr Ende herankam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach: „Liebes Kind, bleib fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer beistehen, und ich will vom Himmel auf dich herabblicken und will um dich sein.“ Darauf tat sie die Augen zu und starb. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grab der Mutter und weinte und blieb fromm und gut. Nach einem Jahr der Trauer nahm sich der Mann eine andere Frau.Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und weiß von Angesicht waren, aber böse und schwarz von Herzen. Da fing eine schlimme Zeit für das arme Stiefkind an. Sie nahmen ihm seine schönen Kleider weg, zogen ihm einen grauen alten Kittel an und gaben ihm hölzerne Schuhe und führten es in die Küche. Da musste es von Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh morgens aufstehen, Wasser tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen. Außerdem verspotteten es die Schwestern und schütteten ihm die Erbsen und Linsen in die Asche, so dass es sitzen und sie wieder auslesen musste. Abends, wenn es sich müde gearbeitet hatte, kam es in kein Bett, sondern musste sich neben den Herd in die Asche legen. Und weil es darum immer staubig und schmutzig aussah, nannten sie es Aschenputtel.
Es trug sich zu, dass der Vater einmal auf Reisen ging, da fragte er die beiden Stieftöchter was er ihnen mitbringen sollte. „Schöne Kleider“, sagte die eine, „Perlen und Edelsteine“, die zweite. „Aber du, Aschenputtel“, sprach er, „was willst du haben?“ „Vater, den ersten Zweig, der euch auf eurem Heimweg an den Hut stößt, den brecht für mich ab.“ Er kaufte nun für die beiden Stiefschwestern schöne Kleider, Perlen und Edelsteine und auf dem Rückweg, als er durch einen grünen Busch ritt, streifte ihn ein Haselzweig und stieß ihm an den Hut. Da brach er den Zweig ab und nahm ihn mit. Als er nach Hause kam, gab er den Stieftöchtern was sie sich gewünscht hatten, und dem Aschenputtel gab er den Zweig von dem Haselbusch. Aschenputtel dankte ihm, ging zum Grab seiner Mutter und pflanzte den Zweig darauf, und weinte so sehr, dass die Tränen darauf niederfielen und ihn begossen. Er wuchs aber und wurde ein schöner Baum. Aschenputtel ging jeden Tag dreimal darunter, weinte und betete, und jedes Mal kam ein weißes Vöglein auf den Baum, und wenn es einen Wunsch aussprach, so warf ihm das Vöglein herab, was es sich gewünscht hatte. Nach einiger Zeit wurde verkündet, dass der König ein Fest feiern wollte, das drei Tage dauern sollte und wozu alle schönen Jungfrauen im Land eingeladen wurden, damit sich sein Sohn eine Braut aussuchen möchte. Die zwei Stiefschwestern waren auch eingeladen und riefen zu Aschenputtel: „Kämm uns die Haare, bürste uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen zum Fest des Königs!“ Aschenputtel gehorchte, weinte aber, weil es auch gern zum Tanz mitgegangen wäre, und bat die Stiefmutter, sie möchte es ihm erlauben. „Du, Aschenputtel“, sprach sie, „bist voll Staub und Schmutz und willst zum Fest? Du hast keine Kleider und Schuhe und willst tanzen?“ Als Aschenputtel aber noch einmal bat, sprach sie endlich: „Da habe ich dir eine Schüssel Linsen in die Asche geschüttet, wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder ausgelesen hast, so sollst du mitgehen.“ Das Mädchen ging durch die Hintertür in den Garten und rief:
„Ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen,
all ihr Vöglein unter dem Himmel,
kommt und helft mir lesen,
die guten ins Töpfchen,
die schlechten ins Kröpfchen.“
Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein, und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein und ließen sich um die Asche nieder. Und alle Vögel fingen an pik, pik, pik, pik und lasen alle guten Körnlein in die Schüssel. Kaum war eine Stunde herum, so waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Mädchen die Schüssel der Stiefmutter, freute sich und glaubte, es dürfe nun mit zum Fest gehen. Aber sie sprach: „Nein, Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen: Du wirst nur ausgelacht.“ Als es nun weinte, sprach sie: „Wenn du mir diesmal zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen“, und dachte: „Das kann es ja bestimmt nicht.“ Als sie die zwei Schüsseln Linsen in die Asche geschüttet hatte, ging das Mädchen durch die Hintertür in den Garten und rief wieder:
„All ihr Vöglein unter dem Himmel,
kommt und helft mir lesen,
die guten ins Töpfchen,
die schlechten ins Kröpfchen.“
Und wieder halfen ihr alle Vöglein und ließen sich um die Asche nieder. Die Täubchen und die übrigen Vögel auch fingen an pik, pik, pik, pik und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und bevor eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus. Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der Stiefmutter, freute sich und glaubte, nun dürfe es mit zum Fest des Königs gehen. Aber sie sprach: „Es hilft dir alles nichts: Du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, wir müssten uns wegen dir schämen.“ Darauf kehrte sie ihm den Rücken zu und eilte mit ihren zwei stolzen Töchtern fort. Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zum Grab der Mutter unter den Haselbaum und rief:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich,
wirf Gold und Silber über mich.“
Da warf ihm der Vogel ein goldenes und silbernes Kleid vom Baum herunter und mit Seide und Silber ausgestickte Schuhe. In aller Eile zog es das Kleid an und ging zum Fest des Königs. Seine Schwestern und die Stiefmutter aber erkannten es nicht und meinten, es müsste eine fremde Königstochter sein, so schön sah es in dem goldenen Kleid aus. Der Königssohn kam ihm entgegen, nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte mit sonst niemandem tanzen. Es tanzte, bis es Abend war, da wollte es nach Hause gehen. Der Königssohn aber sprach: „Ich gehe mit und begleite dich“, denn er wollte sehen, wem das schöne Mädchen angehörte. Sie entwischte ihm aber, und er blieb traurig zurück. Am nächsten Tag, als das Fest von Neuem anfing, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich,
wirf Gold und Silber über mich.“
Da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab als am vorigen Tag. Und als es mit diesem Kleid auf dem Fest erschien, erstaunte jedermann über seine Schönheit. Der Königssohn aber hatte gewartet bis es kam, nahm es gleich bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Als es nun Abend war, wollte es fort, und der Königssohn ging ihm nach und wollte sehen, in welches Haus es ging: Aber es sprang ihm fort, und er wusste wieder nicht, wer dieses wunderschöne Mädchen gewesen war. Am dritten Tag, als die Eltern und Schwestern fort waren, ging Aschenputtel wieder zu dem Grab seiner Mutter und sprach zu dem Bäumchen:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich,
wirf Gold und Silber über mich.“
Nun warf ihm der Vogel ein Kleid herab, das war so prächtig und glänzend, wie es noch keins gehabt hatte, und die Schuhe waren ganz golden. Als es in dem Kleid zu dem Fest kam, wussten sie alle nicht, was sie vor Verwunderung sagen sollten. Der Königssohn tanzte wieder ganz allein mit ihm. Als es nun Abend war, wollte Aschenputtel fort, und der Königssohn wollte es begleiten, aber es rannte so schnell davon, dass er nicht folgen konnte. Der Königssohn hatte aber eine List gebraucht und hatte die ganze Treppe mit Pech bestreichen lassen: Da war, als es hinabsprang, der linke Schuh des Mädchens hängen geblieben. Der Königssohn hob ihn auf, und er war klein und zierlich und ganz golden. Am nächsten Morgen ging er damit zu den Vätern in der Stadt. Im Haus von Aschenputtels Vater sagte er zu dem Mann: „Keine andere soll meine Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh passt.“ Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Älteste ging mit dem Schuh in die Kammer und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, denn der Schuh war ihr zu klein. Da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach: „Hau die Zehe ab: Wenn du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.“ Das Mädchen schlug sich die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort. Sie mussten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen:
„Rucke di guh, rucke di guh,
Blut ist im Schuh:
Der Schuh ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim.“
Da blickte er auf ihren Fuß und sah, wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus und sagte, das wäre nicht die rechte, die andere Schwester solle den Schuh anziehen. Da ging diese in die Kammer und kam mit den Zehen glücklich in den Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach: „Hau ein Stück von der Ferse ab: Wenn du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.“ Das Mädchen schlug sich ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, saßen die zwei Täubchen darauf und riefen:
„Rucke di guh, rucke di guh,
Blut ist im Schuh:
Der Schuh ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim.“
Er blickte nieder auf ihren Fuß und sah, wie das Blut aus dem Schuh quoll und an den weißen Strümpfen ganz rot heraufgestiegen war. Da wendete er sein Pferd und brachte die falsche Braut wieder nach Haus. „Das ist auch nicht die rechte“, sprach er, „habt ihr keine andere Tochter?“ „Nein“, sagte der Mann, „nur von meiner verstorbenen Frau ist noch ein kleines Aschenputtel da: Das kann unmöglich die Braut sein.“ Der Königssohn sprach, er sollte es heraufschicken, die Mutter aber antwortete: „Ach nein, das ist viel zu schmutzig, das darf sich nicht sehen lassen.“ Er wollte es aber sehen, und Aschenputtel musste gerufen werden. Da wusch es sich erst Hände und Gesicht rein, ging dann hin und neigte sich vor dem Königssohn, der ihm den goldenen Schuh reichte. Dann setzte es sich auf einen Stuhll, zog den Fuß aus dem schweren Holzschuh und steckte ihn in den goldenen Schuh, der wie angegossen passte. Und als es sich in die Höhe richtete und der König ihm ins Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das mit ihm getanzt hatte, und rief: „Das ist die rechte Braut!“ Die Stiefmutter und die beiden Schwestern erschraken und wurden bleich vor Wut: Er aber nahm Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihm fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, riefen die zwei weißen Täubchen:
„Rucke di guh, rucke di guh,
kein Blut ist im Schuh:
der Schuh ist nicht zu klein,
die rechte Braut, die führt er heim.“
Es trug sich zu, dass der Vater einmal auf Reisen ging, da fragte er die beiden Stieftöchter was er ihnen mitbringen sollte. „Schöne Kleider“, sagte die eine, „Perlen und Edelsteine“, die zweite. „Aber du, Aschenputtel“, sprach er, „was willst du haben?“ „Vater, den ersten Zweig, der euch auf eurem Heimweg an den Hut stößt, den brecht für mich ab.“ Er kaufte nun für die beiden Stiefschwestern schöne Kleider, Perlen und Edelsteine und auf dem Rückweg, als er durch einen grünen Busch ritt, streifte ihn ein Haselzweig und stieß ihm an den Hut. Da brach er den Zweig ab und nahm ihn mit. Als er nach Hause kam, gab er den Stieftöchtern was sie sich gewünscht hatten, und dem Aschenputtel gab er den Zweig von dem Haselbusch. Aschenputtel dankte ihm, ging zum Grab seiner Mutter und pflanzte den Zweig darauf, und weinte so sehr, dass die Tränen darauf niederfielen und ihn begossen. Er wuchs aber und wurde ein schöner Baum. Aschenputtel ging jeden Tag dreimal darunter, weinte und betete, und jedes Mal kam ein weißes Vöglein auf den Baum, und wenn es einen Wunsch aussprach, so warf ihm das Vöglein herab, was es sich gewünscht hatte. Nach einiger Zeit wurde verkündet, dass der König ein Fest feiern wollte, das drei Tage dauern sollte und wozu alle schönen Jungfrauen im Land eingeladen wurden, damit sich sein Sohn eine Braut aussuchen möchte. Die zwei Stiefschwestern waren auch eingeladen und riefen zu Aschenputtel: „Kämm uns die Haare, bürste uns die Schuhe und mache uns die Schnallen fest, wir gehen zum Fest des Königs!“ Aschenputtel gehorchte, weinte aber, weil es auch gern zum Tanz mitgegangen wäre, und bat die Stiefmutter, sie möchte es ihm erlauben. „Du, Aschenputtel“, sprach sie, „bist voll Staub und Schmutz und willst zum Fest? Du hast keine Kleider und Schuhe und willst tanzen?“ Als Aschenputtel aber noch einmal bat, sprach sie endlich: „Da habe ich dir eine Schüssel Linsen in die Asche geschüttet, wenn du die Linsen in zwei Stunden wieder ausgelesen hast, so sollst du mitgehen.“ Das Mädchen ging durch die Hintertür in den Garten und rief:
„Ihr zahmen Täubchen, ihr Turteltäubchen,
all ihr Vöglein unter dem Himmel,
kommt und helft mir lesen,
die guten ins Töpfchen,
die schlechten ins Kröpfchen.“
Da kamen zum Küchenfenster zwei weiße Täubchen herein, und danach die Turteltäubchen, und endlich schwirrten und schwärmten alle Vöglein unter dem Himmel herein und ließen sich um die Asche nieder. Und alle Vögel fingen an pik, pik, pik, pik und lasen alle guten Körnlein in die Schüssel. Kaum war eine Stunde herum, so waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus. Da brachte das Mädchen die Schüssel der Stiefmutter, freute sich und glaubte, es dürfe nun mit zum Fest gehen. Aber sie sprach: „Nein, Aschenputtel, du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen: Du wirst nur ausgelacht.“ Als es nun weinte, sprach sie: „Wenn du mir diesmal zwei Schüsseln voll Linsen in einer Stunde aus der Asche rein lesen kannst, so sollst du mitgehen“, und dachte: „Das kann es ja bestimmt nicht.“ Als sie die zwei Schüsseln Linsen in die Asche geschüttet hatte, ging das Mädchen durch die Hintertür in den Garten und rief wieder:
„All ihr Vöglein unter dem Himmel,
kommt und helft mir lesen,
die guten ins Töpfchen,
die schlechten ins Kröpfchen.“
Und wieder halfen ihr alle Vöglein und ließen sich um die Asche nieder. Die Täubchen und die übrigen Vögel auch fingen an pik, pik, pik, pik und lasen alle guten Körner in die Schüsseln. Und bevor eine halbe Stunde herum war, waren sie schon fertig und flogen alle wieder hinaus. Da trug das Mädchen die Schüsseln zu der Stiefmutter, freute sich und glaubte, nun dürfe es mit zum Fest des Königs gehen. Aber sie sprach: „Es hilft dir alles nichts: Du kommst nicht mit, denn du hast keine Kleider und kannst nicht tanzen, wir müssten uns wegen dir schämen.“ Darauf kehrte sie ihm den Rücken zu und eilte mit ihren zwei stolzen Töchtern fort. Als nun niemand mehr daheim war, ging Aschenputtel zum Grab der Mutter unter den Haselbaum und rief:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich,
wirf Gold und Silber über mich.“
Da warf ihm der Vogel ein goldenes und silbernes Kleid vom Baum herunter und mit Seide und Silber ausgestickte Schuhe. In aller Eile zog es das Kleid an und ging zum Fest des Königs. Seine Schwestern und die Stiefmutter aber erkannten es nicht und meinten, es müsste eine fremde Königstochter sein, so schön sah es in dem goldenen Kleid aus. Der Königssohn kam ihm entgegen, nahm es bei der Hand und tanzte mit ihm. Er wollte mit sonst niemandem tanzen. Es tanzte, bis es Abend war, da wollte es nach Hause gehen. Der Königssohn aber sprach: „Ich gehe mit und begleite dich“, denn er wollte sehen, wem das schöne Mädchen angehörte. Sie entwischte ihm aber, und er blieb traurig zurück. Am nächsten Tag, als das Fest von Neuem anfing, und die Eltern und Stiefschwestern wieder fort waren, ging Aschenputtel zu dem Haselbaum und sprach:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich,
wirf Gold und Silber über mich.“
Da warf der Vogel ein noch viel stolzeres Kleid herab als am vorigen Tag. Und als es mit diesem Kleid auf dem Fest erschien, erstaunte jedermann über seine Schönheit. Der Königssohn aber hatte gewartet bis es kam, nahm es gleich bei der Hand und tanzte nur allein mit ihm. Als es nun Abend war, wollte es fort, und der Königssohn ging ihm nach und wollte sehen, in welches Haus es ging: Aber es sprang ihm fort, und er wusste wieder nicht, wer dieses wunderschöne Mädchen gewesen war. Am dritten Tag, als die Eltern und Schwestern fort waren, ging Aschenputtel wieder zu dem Grab seiner Mutter und sprach zu dem Bäumchen:
„Bäumchen, rüttel dich und schüttel dich,
wirf Gold und Silber über mich.“
Nun warf ihm der Vogel ein Kleid herab, das war so prächtig und glänzend, wie es noch keins gehabt hatte, und die Schuhe waren ganz golden. Als es in dem Kleid zu dem Fest kam, wussten sie alle nicht, was sie vor Verwunderung sagen sollten. Der Königssohn tanzte wieder ganz allein mit ihm. Als es nun Abend war, wollte Aschenputtel fort, und der Königssohn wollte es begleiten, aber es rannte so schnell davon, dass er nicht folgen konnte. Der Königssohn hatte aber eine List gebraucht und hatte die ganze Treppe mit Pech bestreichen lassen: Da war, als es hinabsprang, der linke Schuh des Mädchens hängen geblieben. Der Königssohn hob ihn auf, und er war klein und zierlich und ganz golden. Am nächsten Morgen ging er damit zu den Vätern in der Stadt. Im Haus von Aschenputtels Vater sagte er zu dem Mann: „Keine andere soll meine Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh passt.“ Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Älteste ging mit dem Schuh in die Kammer und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, denn der Schuh war ihr zu klein. Da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach: „Hau die Zehe ab: Wenn du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.“ Das Mädchen schlug sich die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort. Sie mussten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen:
„Rucke di guh, rucke di guh,
Blut ist im Schuh:
Der Schuh ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim.“
Da blickte er auf ihren Fuß und sah, wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus und sagte, das wäre nicht die rechte, die andere Schwester solle den Schuh anziehen. Da ging diese in die Kammer und kam mit den Zehen glücklich in den Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer und sprach: „Hau ein Stück von der Ferse ab: Wenn du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.“ Das Mädchen schlug sich ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiss den Schmerz und ging heraus zum Königssohn. Da nahm er sie als seine Braut aufs Pferd und ritt mit ihr fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, saßen die zwei Täubchen darauf und riefen:
„Rucke di guh, rucke di guh,
Blut ist im Schuh:
Der Schuh ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim.“
Er blickte nieder auf ihren Fuß und sah, wie das Blut aus dem Schuh quoll und an den weißen Strümpfen ganz rot heraufgestiegen war. Da wendete er sein Pferd und brachte die falsche Braut wieder nach Haus. „Das ist auch nicht die rechte“, sprach er, „habt ihr keine andere Tochter?“ „Nein“, sagte der Mann, „nur von meiner verstorbenen Frau ist noch ein kleines Aschenputtel da: Das kann unmöglich die Braut sein.“ Der Königssohn sprach, er sollte es heraufschicken, die Mutter aber antwortete: „Ach nein, das ist viel zu schmutzig, das darf sich nicht sehen lassen.“ Er wollte es aber sehen, und Aschenputtel musste gerufen werden. Da wusch es sich erst Hände und Gesicht rein, ging dann hin und neigte sich vor dem Königssohn, der ihm den goldenen Schuh reichte. Dann setzte es sich auf einen Stuhll, zog den Fuß aus dem schweren Holzschuh und steckte ihn in den goldenen Schuh, der wie angegossen passte. Und als es sich in die Höhe richtete und der König ihm ins Gesicht sah, so erkannte er das schöne Mädchen, das mit ihm getanzt hatte, und rief: „Das ist die rechte Braut!“ Die Stiefmutter und die beiden Schwestern erschraken und wurden bleich vor Wut: Er aber nahm Aschenputtel aufs Pferd und ritt mit ihm fort. Als sie an dem Haselbäumchen vorbeikamen, riefen die zwei weißen Täubchen:
„Rucke di guh, rucke di guh,
kein Blut ist im Schuh:
der Schuh ist nicht zu klein,
die rechte Braut, die führt er heim.“
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